Anago Sushi
Ein umfassender Überblick über Meeraal in der japanischen Sushi-Küche

アナゴすし 、 穴子寿司
Illustration der Sushi-Zutat oder Spezies, die als Anago bekannt ist

Was ist Anago?


Im Bereich der Ichthyologie bezeichnet der japanische Term anago 穴子(アナゴ) generell Fische aus der Familie der Congridae, auch bekannt als Meeraale. Diese Familie lässt sich weiter in verschiedene Untergruppen gliedern in chin anago チンアナゴ, honmedama anago ホンメダマアナゴ und kuro anago クロアナゴ.

Im kulinarischen Kontext, insbesondere in der Zubereitung von Sushi, erlangt der Genus Conger, umgangssprachlich ebenfalls als Anago bezeichnet, eine herausragende Bedeutung. Dies liegt vor allem an der geschätzten Textur und dem Geschmack seines Fleisches, das häufig in traditionellen Gerichten verwendet wird. Obwohl gelegentlich auch Arten aus anderen Gattungen der Congridae-Familie für Sushi verwendet werden, bleibt Anago die bevorzugte Wahl. Eine besonders geschätzte Art innerhalb dieser Gruppe ist C. Myriaster, der auf Japanisch als Ma-Anago マアナゴ bezeichnet wird. Dieser Name lässt sich als „echter Meeraal“ übersetzen, was seine Wertschätzung und seine zentrale Rolle in der japanischen Küche unterstreicht. Der Ma-Anago zeichnet sich durch sein besonders zartes Fleisch und sein feines Aroma aus, welches ihn zu einer begehrten Zutat in der hochwertigen Sushi-Zubereitung macht.

Anago für Sushi oder Sashimi


Anago ist eine traditionelle Zutat für gekochtes Sushi (nimono dane). Zubereitetes Anago-Sushi wird daher auch als ni anago sushi 煮穴子寿司 bezeichnet. Beim Kochen des Fleisches entsteht ein Sud, der anschließend verfeinert und eingekocht wird. Die fertige Sauce wird anschließend zum Glasieren des Sushi verwendet. Diese goldbraune und salzig-süße Sauce trägt die Bezeichnung nitsume 煮穴子寿司 und ist ein wesentlicher Bestandteil des Geschmackserlebnisses beim Verzehr von Anago-Sushi.

Das Fleisch ist sehr zart und hat einen vollmundig süßen Geschmack. Die Textur ist angenehm und zergeht förmlich auf der Zunge. Anago harmoniert sehr gut mit gesäußertem Sushi Reis und wird häufig dem Süßwasseraal (unagi) für die Zubereitung von Sushi vorgezogen. Im Gegensatz zu Süßwasseraal ist Meeraal weniger fettig, süßer und feiner im Geschmack.

Nitsume 煮詰め

Nitsume oder kurz tsume つめ ist die Sauce, mit der Anago traditionell bestrichen bzw. glasiert wird. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Zubereitung von Anago-Sushi und ist maßgeblich für die Qualität des Geschmacks. Nitsume ist eine dickflüssige Sauce, die durch Einkochen der Brühe aus Anago entsteht. Die Zugabe der Zutaten kann durchaus variieren und ist abhängig von den Vorlieben des Koches. Die meisten Grundrezepte bestehen aus der von der Zubereitung übrig gebliebenen Anago-Brühe, den Knochen und Köpfen des Fischs, Alkohol, Zucker und Sojasauce. Das gekonnte Ausbalancieren der Zutaten verleiht der Sauce einen süßen und würzigen Geschmack. Traditionelle bzw. anspruchsvolle Restaurants stellen diese häufig nach einem persönlichen, vornehmlich geheimen Rezept her und bereiten sie jedes Mal von Grund auf neu her. In günstigen Restaurants findet vorwiegend industriell hergestellte Nitsume Anwendung. Bei der Zubereitung sollte die Sauce nicht über das Fleisch geschüttet oder geträufelt werden. Stattdessen empfiehlt es sich, die Sauce als dünne Glasur mit einem Pinsel aufzutragen.

Beste Jahreszeit für Anago

Die beste Saison für Anago ist während der Sommerzeit. Besonders schmackhaft ist das Fleisch von Juli bis August, da zu dieser Zeit der Fettgehalt am höchsten ist und der Geschmack dementsprechend vollmundig. Die übrige Zeit des Jahres sind sie durchaus auch sehr schmackhaft, sodass sie das ganze Jahr über genossen werden können.

Ökologie von Anago


Meeraale sind überwiegend nachtaktiv und begeben sich bei Anbruch der Dunkelheit auf die Suche nach Beute. Als Fleischfresser, ernähren sie sich überwiegend von kleinen Fischen, Krusten- und Schalentieren sowie kleinen Kopffüßern. Tagsüber verstecken sie sich im Sandschlamm oder in den Felsspalten am Meeresboden. Die Arten, die auf dem sandigen Schlammboden leben, bilden Gruppen und strecken ihre Köpfe oder sogar die Hälfte ihrer Körper, aus ihren Höhlen ins Meer hinaus. Die Körperform eines Meeraales ist länglich und zylindrisch, arttypisch ist das Fehlen von Schuppen. Ausgewachsene Exemplare variieren je nach Art in der Länge von etwa 30 cm bis über 1 m. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über tropische bis zu gemäßigten Meeren weltweit. 

Anago lässt sich in im Japanischen in drei Unterfamilien aufteilen: Chin- (チンアナゴ), Honmedama- (ホンメダマアナゴ) und Kuro-anago (クロアナゴ).

Giftiges Blut

Im Blut des Meeraals befinden sich das für den Menschen giftige Dinogunellin (ichthyotoxin), das eine blutzersetzende Wirkung besitzt. Schon geringe Dosen können starke gastroenterologische Beschwerden, Störungen des Nervensystems als auch Schmerzen auslösen. Bei der Zubereitung des rohen Fleisches ist darauf zu achten, dass das Blut nicht in Kontakt mit den Schleimhäuten, Augen oder offenen Wunden kommt. Durch ausreichendes Erhitzen (ab 70 °C) wird das Gift inaktiviert.[1]

Das aus Aalblutserum gewonnene Toxin wurde von Charles Richet in seiner Nobelpreisträgerforschung verwendet, bei der er die Anaphylaxie entdeckte.[2]

Ökonomie von Anago


Nur vergleichsweise wenige Meeraalarten (anago-ka アナゴ科) werden aktiv befischt, sondern landen meist als Beifang in den Netzen der Industriefischerei. Eine nachhaltige Methode stellt der Fang mittels spezieller Fallen dar. Diese Fallen bestehen aus Rohren oder Schläuchen, in denen eine potenzielle Beute präpariert wird. Die Fallen sind so konstruiert, dass diese sich vom Einlass her verjüngen. Versucht ein Meeraal nun an die Beute zu gelangen, kann dieser nach dem Passieren der Engstelle das Rohr nicht verlassen und anschließend vom Fischer eingesammelt werden. 

Japan verbraucht mehr als 70 Prozent des weltweiten Aalfangs, wobei etwa die Hälfte aus China, Südkorea und Taiwan stammt.

Saisonkalender für Anago


Der dargestellte Kalender gibt keine Auskunft über die Fangzeiten, sondern kennzeichnet die Zeiträume, in denen Anago als besonders schmackhaft gilt.


Um Informationen zum Autor zu erhalten, klicken Sie bitte auf das Bild.

Warnungen im Zusammenhang mit Anago


Dinogunellin: Das Blut dieses Fisches enthält Ichthyohemotoxin, welches für Menschen und Säugetiere giftig ist. Der Verzehr von größeren Mengen Blut kann bis zum Tod führen. Daneben kann der Kontakt mit Blut unter anderem lokale Entzündungsreaktionen, Schwellungen oder okuläre Symptome auslösen. Im Umgang mit dem rohen Fleisch ist daher Vorsicht geboten. Damit das Gift seine Wirkung verliert, muss das Fleisch bei hoher Temperatur vollständig durchgegart werden. [3]

Video über Anago Sushi


Play

Externes Video verfügbar auf youTube.com: Von Kirikosushi. Anago, Sea eel. Kiriko sushi Sawtelle Los Angeles. Ken Namba

Arten von Anago


Die folgenden Arten gelten als authentisch für Anago. Entweder historisch, gemäß dem Verbreitungsgebiet oder nach der gängigen Praxis in der heutigen Gastronomie. Der Begriff Anago umfasst eine Vielzahl von Arten, die unter diesen Bezeichnungen zusammengefasst werden. Aufgrund der umfangreichen Diversität dieser Arten ist es nicht immer möglich, alle spezifischen Taxa in dieser Liste vollständig aufzuführen.

Ariosoma anago
Anguilliformes > Congridae > Bathymyrinae > Ariosoma

IUCN Statusunzureichende Daten
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Indischer Ozean (westlich, östlich), Pazifik (westliches Zentrum, nordwestlich)
Trivialnamen
Japanisch
hana anago (ハナアナゴ)
Englisch
Silvery conger
Ariosoma majus
Anguilliformes > Congridae > Bathymyrinae > Ariosoma

IUCN StatusNicht bewertet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

0
Trivialnamen
Japanisch
ōshiro anago (オオシロアナゴ、大白穴子)
Ariosoma meeki
Anguilliformes > Congridae > Bathymyrinae > Ariosoma

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Pazifik (nordwestlich)
Trivialnamen
Japanisch
goten anago (ゴテンアナゴ、御殿穴子)
Ariosoma shiroanago
Anguilliformes > Congridae > Bathymyrinae > Ariosoma

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Pazifik (nordwestlich)
Trivialnamen
Japanisch
shiro anago (シロアナゴ、白穴子)
Conger cinereus
Anguilliformes > Congridae > Conger

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Indischer Ozean (westlich, östlich), Atlantik (südöstlich), Pazifik (südöstlich, westliches Zentrum, nordwestlich, südwestlich, östliche Mitte)
Trivialnamen
Japanisch
kiri anago (キリアナゴ)
Englisch
blacklip conger, longfin African conger
Conger erebennus
Anguilliformes > Congridae > Conger

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Pazifik (nordwestlich)
Trivialnamen
Japanisch
dainan anago (ダイナンアナゴ)
Conger myriaster
Anguilliformes > Congridae > Conger

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Pazifik (nordwestlich)
Trivialnamen
Japanisch
ma anago (マアナゴ、真穴子)
Englisch
Whitespotted conger
Gnathophis nystromi
Anguilliformes > Congridae > Gnathophis

IUCN StatusNicht bewertet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Pazifik (westliches Zentrum, nordwestlich, östliche Mitte)
Trivialnamen
Japanisch
gin anago (ギンアナゴ)
Englisch
conger eel

Im Folgenden werden diejenigen Arten aufgeführt, die als Substitute für authentische Arten im Hinblick auf Anago betrachtet werden können. Dies kann entweder aufgrund ihrer genetischen Verwandtschaft oder aufgrund ihrer geschmacklichen und optischen Ähnlichkeit erfolgen. Die Auswahl ist subjektiv und orientiert sich nicht strikt an japanischen Konventionen, sondern berücksichtigt auch die Praktiken in den jeweiligen Verbreitungsgebieten, in denen die japanischen Speisen zubereitet werden. Diese flexible Herangehensweise erlaubt eine Anpassung an lokale Verfügbarkeiten und Präferenzen, während gleichzeitig der Kerngeschmack und die Textur, die traditionell mit Anago assoziiert werden, bewahrt werden sollen.

Conger conger
Anguilliformes > Congridae > Conger

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Atlantik (nordöstlich, östlich, südöstlich), Pazifik (westliches Zentrum), Mittelmeer (Mittelmeer und Schwarzes Meer)
Trivialnamen
Japanisch
yōroppa anago (ヨーロッパアナゴ)
Deutsch
Meeraal
Englisch
European conger
Conger oceanicus
Anguilliformes > Congridae > Conger

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Atlantik (nordwestlich, westlich, südöstlich)
Trivialnamen
Japanisch
amerikan kongā (アメリカンコンガー)
Englisch
American conger
Synaphobranchus kaupii
Anguilliformes > Synaphobranchidae > Synaphobranchus

IUCN StatusNicht gefährdet
Wirtschaftliche Bedeutung
Unbekannt

Fanggebiete
Indischer Ozean (westlich, östlich), Atlantik (nordwestlich, nordöstlich, westlich, östlich, südwestlich, südöstlich), Pazifik (westliches Zentrum, nordwestlich, östliche Mitte)
Trivialnamen
Japanisch
irako anago (イラコアナゴ、伊良子穴子)
Englisch
Kaup's arrowtooth eel, Northern cutthroat eel

Quellen und weiterführende Literatur


  • [1]Jan Velisek, Richard Koplik, Karel Cejpek. The Chemistry of Food. John Wiley & Sons, Chichester. 2020
  • [2]Dujardin-Beaumetz, E.P. Hurd (transl.). Diseases of the Stomach and Intestines: A Manual of Clinical Therapeutics for the Student and Practitioner. William Wood & Company, New York. 1886
  • [3]Fish and Fishery Products Hazards and Controls Guidance. U.S. Department of Health and Human Services Food and Drug Administration Center for Food Safety and Applied Nutrition. 2020
  • Celeste Heiter. The Sushi Book. Things Asian Press. 2007
  • Christine T. Tjandraningsih. Indonesia eel hot item for smugglers. japantimes.co.jp, The Japan Times, News2u Holdings Inc., Tokyo, 2013-07-29. Quelle abgerufen am 24.12.2020
  • Jiri Davidek. Natural Toxic Compounds of Foods. CRC Press, Taylor & Francis Group, Boca Raton. 2018
  • Kazuko Masui, Chihiro Masui. Sushi Secrets. Hachette Illustrated, London. 2004
  • Marc Luber, Brett Cohen. Stuff Every Sushi Lover Should Know. Quirk Books, Philadelphia. 2019
  • 『「㐂寿司」の門外不出のツメづくりに密着 (A Close Look at the Secret Process of Making Tsume-dzukuri at "Kizushi")』. dancyu.jp, President Inc. (株式会社 プレジデント社)、 2019-09-09. Quelle abgerufen am 24.12.2020
  • 美登世 土田、潤 髙橋、秀美 佐藤. 『すしのサイエンス:おいしさを作り出す理論と技術が見える (The Science of Sushi: Seeing the Theory and Technology Behind the Deliciousness of Sushi)』. Sibundo Shinkosha (誠文堂新光社), Tokyo (東京). 2020
  • IUCN Red List of Threatened Species. Version 2023-1

Bildnachweise


  • SushiPedia. Nigiri Sushi mit Aal und Nitsume Sauce. Alle Rechte vorbehalten ©
  • SushiPedia. Anago. Alle Rechte vorbehalten ©
  • Alpha. Anago - Shira Nui AUD5.50 each. flickr.com. Einige Rechte vorbehalten: CC BY-SA 2.0. Angewandte Änderungen: Helligkeit, Kontrast, Bildqualität, Weißabgleich
© Sushipedia
Veröffentlicht: 4.11.2020
Aktualisiert: 4.7.2024